Dipl.-Ing. Tomasz Bachlinski - Freischaffender Architekt, Energieberater Wohn- und Nichtwohngebäude, Fachplaner Hocheffizienzgebäude
Manhattan ist der Siedlungskern von New York. Die Gründung der Stadt geht auf das Jahr 1615 zurück, als die Dutsch East India Company am vorderen Landzipfel der Halbinsel Manahata (indianische Bezeichnung für „Insel der Hügel“) ihr Basislager einrichtete. Im Jahre 1660 bildet der noch holländische Siedlungskern Neu Amsterdam bereits eine befestigte kleine Stadt. Die Parzellierung der Grundstücke erfolgt durch einheitliche Bemessung (55- 80 Meßruten in der Breite, 450 Meßruten in der Tiefe).
Der Broadway stellt eine in das Landesinnere führende Verbindung dar, die bereits durch die Indianer angelegt wurde. Diese erste Siedlungsstruktur ist bis heute im Stadtgrundriss nachvollziehbar geblieben.
Im Jahre 1811 erfolgt mit dem „Commisioners Plan“ von John Randel Jr. eine grundlegende und für die zukünftige städtebauliche Entwicklung Manhattans entscheidede Entwicklung. Die gesamte Halbinsel wird in ein Erschließungsnetz unterteilt, bestehend aus:
New York steigt zu einem der wichtigsten Industrie- und Finanzzentren der Vereinigten Staaten von Amerika auf. In der Industrialisierungsphase verdankt die Stadt die gute wirtschaftliche Entwicklung in erster Linie dem Hafen. Es ist der nördlichste Hafen Amerikas, der über das gesamte Jahr eisfrei bleibt. Mit dem Bau des Erie Kanals im Jahre 1830 kann über New York frühzeitig das Landinnere erschlossen werden. Anfang des 20. Jahrhunderts werden ca. 40 % des Innenlandhandels über die Stadt abgewickelt.
Im 20. Jahrhundert entwickelt sich Manhattan zum bedeutenden Industriestandort der Textilverarbeitung und der Unterhaltungsindustrie. Der Finanzsektor ist in Manhattan ebenso frühzeitig stark ausgeprägt, erlangt aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg seine Bedeutung als dominierender Wirtschaftszweig.
Der Stadtbereich der frühen Gewerbeansiedelung befindet sich in dem Downtown- Bussiness-District zwischen West-Broadway, Bowery, Canal Street und Washington Square. Die produzierenden Betriebe siedeln sich vermehrt in der Uferzone zu den Flüssen hin an. Die Geschäftszentren dagegen bevorzugen den inneren Bereich abseits des Gewerbelärms. Das Zentrum der Textilverarbeitung entsteht im Garment District.
SoHo (South of Houston Street) ist ein reines Gewerbeareal mit 62 Blocks, das in den Jahren zwischen 1870- 1890 erbaut wurde und durch die vielfältige Gestaltung der Gebäudefassaden mit vorfabrizierten Gusseisenelementen heute eine besondere Beachtung erfährt.
Die ersten Gewerbegeschossbauten entstehen ab 1830. Die Gebäude werden in massivbauweise mit Wänden aus Mauerwerk und Geschossdecken aus einer Holzbalkenkonstruktion gebaut. Die Lochfensterfassade ist noch einfach gestaltet.
Der am weitesten verbreitete Fabrikgeschossgebäude-Typ wird im Stadtteil SoHo gebaut. Die dortigen Fabrikgeschossbauten entstehen auf Parzellen mit einheitlichen Größen von 25 Fuß (ca. 8 m) Breite und 100 Fuß (ca. 33 m) Tiefe. Sie verfügen über 6 Geschosse und erstrecken sich ganz bzw. einen kleinen Hinterhof bildend, auf die gesamte Grundstückstiefe.
Die Umfassungswände zur Nachbarbebauung sind massiv ausgebildet. Die Geschossdecken bestehen aus einer Holzbalkenkonstruktion, die zum späteren Zeitpunkt durch Eisenträger verstärkt wird. Die mittlere Stützenreihe im Rauminneren verkürzt die Spannweite der Decke. Diese Fabrikgeschossbauten werden einseitig vom Straßenraum her erschlossen. Ihre große Raumtiefe erfordert weite Fensterflächen.
Nach Errichtung des E.V. Haughwout Building im Jahre 1857 wird die Gestaltung von Fabrikgeschossbauten mit historisierender Gusseisenfassade populär. Der Stadtteil SoHo wird zunehmend für seine gusseiserne Architektur aus den Jahren 1870- 1890 bekannt und dshalb auch als der Cast-Iron-District (Gusseisen-Bezirk) bezeichnet.
Die Gusseisenfassade besteht aus vorfabrizierten Einzelelementen, die vom Hersteller in Katalogen mit vielfachen Gestaltungsalternativen zum Kauf angeboten werden.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts werden Hochhäuser aus Eisenskelett-Konstruktionen bzw. seit 1880 auch aus Stahlskelett-Konstruktionen mit umhüllendem massiven Mauerwerk errichtet. Um 1900 setzt der Einsatz von Stahlbeton ein. Die im Jahre 1911 erneut verschärften Brandschutzbestimmungen erfordern es, an der Vorderfront der älteren Gebäude nachträglich Feuer-Fluchttreppen anzubauen.
In der späteren Entwicklungsphase von Fabrikgeschossbauten entstehen ganze Blocks einnehmende Superlofts. Den Höhepunkt dieser Entwicklung stellt das Starrett-Lehigh-Building aus dem Jahre 1931 dar.
Stadtauswärts nördlich von SoHo nimmt die Dichte der gewerblichen Nutzung ab und die Menge an Wohngebäuden nimmt zu. In diesem Areal liegt im 19. Jahrhundert in etwa die gleiche Parzellierung sowohl bei der Errichtung von Wohn- als auch Gewerbegebäuden zugrunde.
Mietshäuser entstehen seit 1930 zunächst für die Arbeiterklasse, seit 1880 auch für die Mittel- und Oberschicht. Dennoch stellt das Einfamilienhaus weiterhin die ideale Wohnform dar. Um einen Mindeststandard an Wohnbedingungen gewährleisten zu können wird 1867 die Richtlinie „Tenement House Law“ eingeführt. Diese und die nachfolgenden Richtlinien bringen verschiedene Mietshaustypen hervor.
Ab dem Jahre 1916 regelt die Vorschrift „Zoning Code“ die Aufteilung des Stadtgebiets nach Bereichen mit bestimmten Funktionen. Damit wird ein Flächennutzungsplan mit der Ausweisung von Wohn-, Gewerbe- sowie Mischgebieten aufgestellt.
Ab den 30`er Jahren erfährt New York eine über vier Jahrzehnte fortschreitende Suburbanisierung. Der große Teil einer gutsituierten Mittelschicht bevorzugt das Wohnideal – Einfamilienhaus im Grünen - und zieht in die Vorstädte ab.
Eine frühzeitig geschaffene infrastrukturelle Voraussetzung für die Suburbanisierung erfolgt in den zwanziger Jahren durch die Planung von Robert Moses. Seine Planung sieht vor das Umland New Yorks weiträumig durch Highways zu erschließen und diese selbst durch Ringstraßen miteinander zu verbinden.
Den Suburbanisierungsprozess begleitet eine starke Immigrationsphase von unterschiedlichen ethnischen Gruppierungen, in erster Linie: Asiaten, Afrikaner und Puerto Ricaner. In New York bleibt die Einwohnerzahl dadurch relativ konstant und beträgt bis in die 50er Jahre hinein ca. 8 Millionen. Allein in den 40`er Jahren findet ein Austausch von ca. 1,2 Millionen Einwohnern statt.
Mit dem einsetzenden strukturellen Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft verschlechtert sich in Manhattan zunächst die Lebenssituation für einen großen Teil der Einwohner. Ab den 50`er Jahren verlagern Betriebe des produzierenden Gewerbes zunehmend ihre Produktionsstätten nach außerhalb der Stadt. Der Hafen verliert an Bedeutung. Neben prosperierenden Stadtbereichen, die vom wirtschaftlichen Strukturwandel profitieren bilden sich auch abgewirtschaftete Slums-Gebiete.
In den 50 er Jahren haben 135 der 500 größten US-Konzerne den Hauptsitz ihrer Niederlassung in Manhattan. Der Stadtteil entwickelt sich zum wichtigsten Finanzplatz der Welt. Um dem einsetzenden Bauboom für Bürogebäude und neue Wohnungsbauprojekte städtebaulich zu begegnen wird ein rigoroser Stadtumbau betrieben. Es wird zum Teil ein großräumiger Abriss von ganzen Stadtbereichen durchgeführt, wobei die Bewohner der betroffenen Stadtquartiere in die benachbarten Stadtteile verdrängt werden.
Die Abrisswelle erfasst sowohl Wohn- als auch Gewerbegebiete. In den Gewerbegebieten sind zum Teil noch Betriebe mit innerstädtischem Einzugsgebiet angesiedelt, z.B. Handwerk- und Reparaturbetriebe, Transportfirmen etc. Ein Teil der Gebäude ist hingegen vom Leerstand betroffen. Diesen Umstand haben Künstler und andere Freischaffende genutzt, um die Räume als Ateliers und dann auch zunehmend als Wohnstätten zu beziehen.
Zu den renommierten von Ihnen gehören Pollock, Klein, De Kooning, Warhol und viele andere. Auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung beziehen an die 10.000 Künstler und Freischaffende Manhattans Lofts.
In Manhattan war traditionell stets eine große Künstlergemeinde beheimatet. Noch heute beziehen Sie ihre Ateliers bevorzugt in Greenwich Village. Die Stadtverantwortlichen schätzen die Künstlergruppen sehr hoch ein. Ihr Wirken im Kulturbetrieb prägt positiv das Image der Stadt und stellt zugleich einen hohen wirtschaftlichen Faktor dar. Die Vermarktung der modernen Kunst geht einher mit der Entwicklung der Gesellschaft und einem modernen Lebensstiel, der Vorbildhaft für die jüngeren Generationen ist.
Für die Künstlergeneration der 50`er Jahre ist das Gewerbegebiet SoHo ein starker Anziehungspunkt. Die historischen Gewerbebauten sind untergenutzt und daher preiswert zu mieten. Die bezogenen Räume werden als Arbeitsort und von vielen auch als Wohnstätte genutzt.
Allerdings ist das Wohnen in Gewerbegebieten planungsrechtlich untersagt. Die Gebäudeausstattung entspricht nicht dem geforderten Mindeststandard für Wohnbauten (mangelhafte Sanitäranlagen). Die Infrastruktur des Gewerbegebiets verfügt unzureichend über der Wohnnutzung zugewiesenen Folgeeinrichtungen (Lebensmittelläden, Müllabfuhr, Familieneinrichtungen). Es entsteht ein Milieu, das zunächst von den Stadtverantwortlichen geduldet wird und im Rahmen der Abrissmaßnahmen, die auch SoHo erreichen, sich stets vor der möglichen Verdrängung bzw. dem Rausschmiss befindet.
Im Jahre 1961 wird die Artists Tenats Association gegründet. Die Künstlerorganisation mit 900 Mitgliedern setzt sich gegen den Abriss der Gewerbebauten in SoHo ein und mobilisiert einen in der Öffentlichkeit weit vernommene und einflussreiche Protestbewegung, durch die dem Abriss zum Teil erfolgreich Einhalt geboten werden kann. Zwar sind einzelne großangelegte Planungsvorhaben wie der Ausbau der New York University beidseits der Houston Street oder die Durchführung des Expressway in Nord-Süd-Richtung nicht zu verhindern, dennoch erfahren die Protestaktionen eine weitreichende gesellschaftliche Unterstützung.
Im Jahre 1963 wird den Künstlern das Beziehen von bis zu zwei Raumeinheiten in einem Gewerbegebäude in den obersten Geschossen offiziell gestattet. Weitere Konflikte zwischen den Künstlern, den Stadtverantwortlichen und Eigentümern der Gebäude bleiben jedoch in den nächsten Jahren nicht aus.
Während des Baubooms erleidet die Stadt große Verluste historisch bedeutender Architektur. Die New Yorker Bürger werden zunehmend für den Denkmalschutz sensibilisiert, was die Einrichtung der Denkmalschutzbehörde (Landmark Preservation Commission) im Stadtplanungsamt zur Folge hat. Die Behörde weist u.a. Schutzzonen für Bauten mit unersetzbarem Wert aus. Eine dieser Schutzzonen umschließt in SoHo ab dem Jahre 1970 den Bereich von 60 Blocks mit gusseiserner Architektur.
Im gleichen Jahr wird die Möglichkeit einer Umnutzung des ganzen Gewerbegebäudes zu Wohnzwecken rechtlich gestattet. Innerhalb der nächsten Jahre erhalten die Künstler Vorzugsrechte bei der Ansiedlung. Dennoch wird die etablierte Künstlerszene durch die neue Wertauszeichnung des Gebietes einem hohen ökonomischen Druck ausgesetzt. Der Reiz des Wohnens in den großzügigen Räumen wird inzwischen von breiten Gesellschaftsschichten erkannt. Ab 1975 werden Investoren Steuerfreiheiten bei Renovierung oder dem Umbau der Gewerbegebäude zugestanden. Lofts werden zur Mode- und Spekulationsobjekten.
Heute befinden sich die Künstler im Bezirk SoHo nur in der Minderheit. Manhattan hat seit den 70 er Jahren als Wohnort an Attraktivität gewonnen. In SoHo´s Lofts lebt die gutverdienende Mittelschicht, z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, etc. Die Loft-Räume werden durch Architekten umgebaut und gestaltet. Viele Architekturbüros sind ausschließlich auf den Loft-Umbau spezialisiert.
Die Erneuerungsmaßnahmen an Altbauten konnten in Manhattan fast vollständig mit Privatinvestitionen durchgeführt werden. Dagegen sind in den umliegenden Stadtteilen von Manhattan sind dagegen hohe staatliche Aufwendungen für Stadterneuerungsmaßnahmen notwendig.
Beispiel 1:
Das raumprägende Element dieses Lofts ist die freigestellte Stützenreihe in der Mittelachse. Die gesamte Raumtiefe des Lofts kann wahrgenommen werden und bleibt erlebbar. Halb bzw. ganz abgeschlossene Räume werden an den Seitenwänden angeordnet. Auf der rechten Seite befinden sich hinter einer Glaswand das Schlaf- und das Badezimmer. Auf der linken Seite befinden sich in dem teiloffenen Wandeinbau aus Ahornholz die Küche, ein Wirtschaftsraum sowie die Gäste-Toilette.
Die Erhaltung der Hauptblickachse offenbart die Anordnung der Räume und Zuweisung von Raumbeziehungen im gesamten Loft. Die Räume sind, entsprechend den ihnen zugewiesenen Funktionen, im unterschiedlichen Grad geschlossen. Die raumteilenden Elemente ermöglichen durch ihre Beschaffenheit (Transparenz, Drehbar- und Verschiebbarkeit, Offenheit) Blickbeziehungen zwischen den Räumen. (Siehe Schlafzimmer und Badezimmer, etc.). Das schmale und tiefe Loft macht eine weitgehende künstliche Belichtung des Innenraums notwendig.
Beispiel 2:
Architekten: Guisseppe Lugnano, Ada Tolla
Dieses Loft dient als Wohn- und Arbeitsraum. Es wird einseitig belichtet. Im rückwärtigen Bereich bildet eine unregelmäßig vor- und zurückspringende Wand größere und kleinere Raumnischen. Eine neu aufgestellte quer durch den Raum führende Panelwand begradigt den rückwärtigen Raumbereich. Die Panelwand dient zu einem als Mobiliar, in das die gesamte Kücheneinrichtung integriert ist, zum anderen als Raumteiler, hinter dem sich Räume wie das Badezimmer und das Schlafzimmer befinden.
Je nach Öffnungsgrad der Panelwand kann von dem Wohn- und Arbeitsraum in alle Nutzungen eingesehen werden. Die Oberfläche der geschlossenen Panelwand besteht aus Metall und ist rau verarbeitet. Sie vermittelt ein industrielles Flair und suggeriert bereits in ihrem Erscheinungsbild Funktionalität. An den zahlreichen Öffnungselementen ist die Panelwand mit entsprechend vielen Fugen durchzogen. Im Küchenbereich ragen aus ihr teilwise Küchen-Einrichtungsgegenstände heraus.
Quellenverzeichnis: